Robert Hamerling                    Menschenleben

1830 – 1889

Heut lallen an der Mutterbrust, der weichen,

Zu Rosse morgen ziehn in stolzem Trabe,

Und übermorgen dann als müder Knabe

Mit grauen Haaren an der Klücke schleichen:

 

das Glück erspähn und nimmer es erreichen,

Sich hundertmal als einzig süße Labe

Den Tod erflehn und schaudern vor dem Grabe,

Das Sein verwünschen, vor dem Nichts erbleichen:

 

In langer Weil’, in Weinen oder Lachen,

In Sehnen, Sinnen, Hoffen und erbeben

Den Tag verträumen und die Nacht durchwachen,

 

Dazu die Frage schmerzlich oft erheben,

Was all das soll: Das ist in tausend Sprachen

Ein altes Lied, betitelt Menschenleben.

 

 

 

Robert Hamerling                    Im Spiegel

1830 – 1889

Die Liebesrede war gemach verklungen,

Wir ruhten Herz an Herz an trauter Stelle!

Und schweigend aus des Selbstvergessens Quelle

Trank ich, in Träume selig eingesungen!

 

Da fiel mein Blick, dem Wonnetraum entrungen,

Auf eines Spiegels blanke Silberwelle:

Und drin erblickt ich in kristallner Helle

Mich selbst mit ihr, umschlingend und umschlungen!

 

An mich geschmiegt sah ich die Blütenflocken

Des Busens, sah der Augen lichte Sonnen

Und niederwogend ihre schwarzen Locken.

 

So stand ich, ein Narziß, am Zauberbronnen

Der Schönheit und bestaunte, süß erschrocken,

Das sel’ge Wunder meiner Liebeswonnen!

 

 

 

Robert Hamerling                    Sonett des Pädagogen

1830 – 1889

Es war doch schön, wie wir beisammensaßen

So Tag für Tag – o welche Zeit mir war es!

Kühl sollt ich schaun, ach, in dein Aug’, dein klares,

Und wußte mich doch eben kaum zu fassen.

 

Elektrisch knisterten die Faltenmassen

Der Seide, die du trugst; die Pracht des Haares

Umwallte dich, ausging ein wunderbares

Arom von dir – wer bliebe da gelassen?

 

Anständigst ferne standen unsre Stühle:

die schönste Stunde dir und mir verbittern

Mußt ich dozierend mit erzwungner Kühle,

 

Doch oftmals ging ein Flügelschlag, ein Wittern

So zwischen uns, daß drückend ward die Schwüle

Der Luft, die Stimme mir begann zu zittern.

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Sehnsucht

1830 – 1889

Ich sehne mich nach goldnen Glückes Zielen.

Nach süßem Munde, holderblühten Wangen;

Von weichen Armen wär’ ich gern umfangen,

Und meine Lippen fänden gern Gespielen.

 

Ich möchte nicht umsonst mit Blicken zielen

Nach einem schönen Auge voll Verlangen:

An einem zarten Halse möcht’ ich hangen,

Und fessellos in seidner Locke spielen!

 

Wohl reizt mein sehnend’ Auge manch’ ein lichtes

Gebild, das tausend Reize hold beleben;

Doch ach, kein süßes Wort der Liebe spricht es.

 

Es hält nicht stand dem glüh’nden Liebestreben:

Der Zauber eines holden Angesichtes

Berührt mich stets nur im Vorüberschweben!

 

 

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Das Schöne

1830 – 1889

Der Schönheit Götterleib ist wie zerstücket,

Zerstreut die Blumen ihres Zauberkranzes,

Den noch kein sterblich Auge sah als Ganzes,

Der voll nur der Chariten Häupter schmücket!

 

Welk flattert morgen, was uns heut entzücket,

Dahin im Wirbelwinde, flücht’gen Tanzes;

Heut strahlt ein Höchstes uns voll lichten Glanzes,

Und morgen war’s ein Schein, der uns berücket.

 

Fortunens Kugel gleich, entrollt im raschen

Umschwung vor uns der goldne Schein des Schönen;

Wir folgen ihm und können ihn nicht haschen.

 

Und nur die Muse reicht geliebten Söhnen,

Die in kastal’schem Tau das Auge waschen,

Holdsel’gen Trost in Farben und in Tönen!

 

 

 

Robert Hamerling                    Lenzensgabe

1830 – 1889

Mit seinem Füllhorn kam der Lenz gezogen,

Und Liebliches ward links und rechts entsendet:

Glanz ward dem See, dem Strome zugewendet,

Und Klang den Vöglein, die da lustig flogen.

 

Duft ward den Blumen, dran die Bienen sogen,

Azur dem Himmel, Grün dem Hain gespendet:

Und alsbald war die Fülle ganz verschwendet

An Vögel, Bäume, Blumen, Lüfte, Wogen.

 

Doch als der Lenz mich sah mit bleichen Wangen,

Da sprach er, gleich, alsob es ihn gereuet,

Daß leer allein der Dichter ausgegangen:

 

„Hin gab ich, was die einzelnen erfreuet,

Doch dir nur schenk’ ich dies gesammte Prangen,

Dein Herz versammle, was ich rings zerstreuet!“

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Sterben für ein Schönes

1830 – 1889

 

 

 

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Im Dienste des Schönen

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Verlorene Liebe

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Liebesgeschick

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Stimmen der Tiefe

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Von wannen?

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Seliges Lied

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Spiel der Blicke

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Von theurer Hand

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    In ihrem Auge

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    San Andrea

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Gewitter im Walde

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Besorgniß

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Stimme der Wahrheit

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Kosmogonie

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    An Jadviga

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Natalie

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Aspasia

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Flatternde Locken

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Norditalienische Reise-Sonette

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Böse Tage

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    An eine Harfnerin

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Ihr Herz

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Im Sturme

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Verschollene Liebe

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Einer Gefeierten

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Die Rosenknospen

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    An Marie

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Ermüde nicht

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Langeweile

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Du

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Regen im Walde

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    Erinnerung an Venedig 

1830 – 1889

 

 

 

 

 

Robert Hamerling                    An M. M.

1830 – 1889